Gelten lokale Landingpages als Brückenseiten? Und wie gut ranken Sie noch?

von Über den Otter...

Das Örtliche, Gelbe Seiten oder Das Telefonbuch – wer vor 12 Jahren einen lokalen Dienstleister gesucht hat, wurde hier fündig. Mittlerweile führt der erste Schritt oft über die Google-Suche. Fast die Hälfte aller weltweiten Suchanfragen (46%) haben einen lokalen Bezug [1].

Stellen Sie sich jetzt vor, Sie sind Friseur in der Kleinstadt Hattingen im Ruhrgebiet (etwa 55.000 Einwohner). Um das Geschäft anzukurbeln, möchten Sie mehr in SEO investieren. Da wäre es doch klasse nicht nur für „Friseur Hattingen“ gefunden zu werden, sondern auch Landingpages für andere Städte in der Umgebung zu erstellen:

Keywordmonatliches SuchvolumenEntfernung (in km)
Friseur Bochum5.45911
Friseur Witten1.11915
Friseur Herne1.74321
Friseur Gelsenkirchen1.94025
Friseur Essen5.16726
Friseur Dortmund8.08130
Friseur Mülheim94735
Mögliche Keywords für unseren fiktiven Friseur aus Hattingen in NRW.


Sie gehören schließlich zu den besten Friseuren im Umkreis und befinden sich auch nur einen Steinwurf entfernt. Zwar nicht in der Großstadt Bochum, sondern im beschaulichen Hattingen. Aber das sollte doch wohl kein Problem sein, oder?

Inhaltsverzeichnis

  1. Was sind Doorway-Pages?
  2. Exkurs: Manuelle Abstrafung für BMW aufgrund von Doorway-Pages
  3. Google: Lokale Landingpages & Brückenseiten
  4. Mini-Experiment: Werden lokale Brückenseiten noch immer genutzt?
  5. Analyse der Doorway-Pages aus dem Mini-Experiment
  6. Provokante Thesen zu lokalen Brückenseiten
  7. Interview mit Mario Jung zum Thema lokale Landingpages

Was sind Doorway-Pages?

Doorway Pages – oder auch Brückenseiten genannt – bieten dem Nutzer keinen Mehrwert und sind ausschließlich für die Suchmaschine optimiert. Sie sollen als Zwischenseiten fungieren und den Nutzer anschließend per Klick oder automatischer Weiterleitung auf eine andere Zielseite führen.

Es gibt viele verschiedene Arten von Doorway Pages. Häufig handelt es sich um überoptimierte Seiten mit langen Textwülsten, deren einziges Ziel es ist, für bestimmte Keywords gefunden zu werden. Selbst wenn die Brückenseiten relevante Informationen enthalten, sind diese oft von der eigentlichen Website abgekupfert.

Doorway-Pages: Eingang zur eigentlichen Website.

In der Vergangenheit wurden Brückenseiten vor allem von Flash- und JavaScript-basierten Webseiten genutzt. Im Gegensatz zur eigentlichen Homepage konnten diese Seiten nämlich von Google gelesen und indexiert werden. So wurde der Inhalt doch noch in den Suchmaschinen platziert.

Auch wurden Doorway Pages oft missbräuchlich eingesetzt. Mithilfe von Black-Hat Methoden, wie zum Beispiel Keyword Spamming, wurden Seiten in den Suchergebnissen platziert. Wenn der Nutzer nun auf dieses Ergebnis geklickt hat, wurde er per Weiterleitung auf die Hauptseite geführt. So bekam er die eigentliche Brückenseite nie zu sehen. Sie war nur für die Suchmaschine sichtbar. Diese Vorgehensweise ist auch als Cloaking bekannt.

Brückenseiten gelten als Manipulation und verstoßen gegen die Google Richtlinien. Sie werden nicht nur aus dem Google-Index entfernt, sondern können sogar manuelle Ranking-Abstrafungen nach sich ziehen [2, 3, 4].


Exkurs: Manuelle Abstrafung für BMW aufgrund von Doorway-Pages

Im Jahre 2006 wurde die Website des deutschen Autoherstellers BMW für 4 Tage aus dem Google-Index entfernt. Der Grund hierfür war eine manuelle Abstrafung wegen dem Einsatz von Brückenseiten nach dem Cloaking-Prinzip. Auf der JavaScript basierten Webseite gab es eine Art Sitemap, über die „optimierte“ Brückenseiten bei Google indexiert wurden. Beim Klick auf eines dieser Ergebnisse wurde der Nutzer aber nicht zur eigentlichen Seite weitergeleitet, sondern auf eine andere Zielseite.

BMW erstellte zum Beispiel eine Seite zum Thema „Dienstwagen BMW“. Hierbei handelte es sich um, eine überoptimierte Textseite, auf der das Wort „Dienstwagen“ 36-Mal und das Wort „BMW“ ganze 134-Mal genutzt worden war. Diese Seiten wurden durch die Suchmaschine zwar indexiert, Nutzer bekamen Sie aber nur bei ausgeschaltetem JavaScript zu Gesicht [5].


Gelbe Karte von Google an BMW im Jahre 2006.


Google: Lokale Landingpages & Brückenseiten

Was hat das Ganze jetzt mit unserem Friseur aus Hattingen zu tun, der Keyword-Seiten für die umliegenden Großstädte erstellen möchte? Nun, im Jahre 2019 wollte ein Twitter User insgesamt 1.300 lokale Landingpages erstellen und hat sich mit diesem Anliegen an John Mueller gewandt. John riet ihm von diesem Vorhaben ab und verwies darauf, dass es sich bei diesen Seiten um Doorway-Pages handele.


Laut den Google Richtlinien sind Brückenseiten zum Beispiel „mehrere Domainnamen oder Seiten, die auf bestimmte Regionen oder Städte ausgerichtet sind, die Nutzer jedoch alle zur selben Seite weiterleiten“ [6]. Die entscheidende Frage ist, wie Google das Wort „weiterleiten“ definiert? Sind hiermit automatische Weiterleitungen nach dem Cloaking-Prinzip gemeint? Oder kann es sich auch um Zwischenseiten handeln, die ausschließlich das Ziel verfolgen, den Nutzer einzufangen und ihn dazu verleiten weitere Unterseiten einer Domain anzuklicken? Bei den lokalen Landingpages unseres Friseurs aus Hattingen würde der Nutzer über die Landingpage eingefangen werden und würde sich dann bei Interesse weitere Seiten ansehen. Leitet damit die lokale Landingpage den Nutzer nicht auch auf die Startseite?

Das Thema der lokalen Landingpages wurde auch von Search Engine Roundtable besprochen. Hier wird die oben beschrieben Twitter-Unterhaltung mit John Mueller erwähnt. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass Google bereits im Jahre 2008 und im Jahre 2015 erklärt hat, dass lokale Landingpages unter bestimmten Umständen als Doorway-Pages gelten. Das Stichwort scheint hier wohl Unique Content zu sein. Unter dem Artikel mit dem Titel „Are City/State Landing Pages Also Doorway Pages? Google Thinks So.“ habe ich folgenden Kommentar aus dem Jahre 2008 gefunden [7]:

„This post bring up a great point, that as the engines have evolved, this type of strategy [i.e. city/state landingpages] used to be effective back in 2005, not so much these days…”.

Kommentar eines Nutzers unter einem Artikel von SEORoundTable zu Doorway-Pages aus dem Jahre 2008


Mittlerweile sind 12 Jahre vergangen. Aber ist es wirklich so, dass sich die Suchmaschinen in dieser Zeit derart weiterentwickelt haben? Lohnt es sich nicht mehr Keyword-Seiten für Städte zu erstellen, an denen man eigentlich gar nicht ansässig ist?


Mini-Experiment: „SEO-Agentur + Lokal“ – Brückenseiten immer noch genutzt?

Die Suchmaschinen haben sich unweigerlich weiterentwickelt. Dennoch scheint es weiterhin möglich zu sein Keyword-Seiten für umliegende Städte zu erstellen und damit gute Rankingpositionen zu erzielen.

SEO-Agentur Bochum

Von den 10 organischen Ergebnissen, die zur Suchanfrage „SEO-Agentur Bochum“ auf der ersten Seite gelistet sind, verfügen nur drei Unternehmen über einen Standort „Tief im Westen“ (Stand: 31.12.20). Sechs der zehn Ergebnisse gehören zu Unternehmen, die gar nicht in Bochum ansässig sind. Eines der Ergebnisse führt zu einem unabhängigen Branchenbuch.

Da stellt sich die Frage: Gibt es keine besseren Ergebnisse? Oder gibt es schlichtweg nur wenige SEO-Agenturen in Bochum?

Auffällig ist, dass Unternehmen ohne Standort in Bochum, grundsätzlich eher auf den hinteren Positionen zu finden sind. Dennoch gelingt es einer Agentur sogar eine Top-3 Position zu ergattern.

SEO-Agentur Gelsenkirchen

Für das Keyword „SEO-Agentur Gelsenkirchen“ findet sich auf Seite 1 bei Google tatsächlich nur eine Agentur mit dem Standort Gelsenkirchen. Gleich 8 der 10 organischen Suchergebnisse führen zu Unternehmen, mit einem Standort in anderen Städten. Ein Ergebnis führt zu einem Übersichtsartikel einer Zeitung.

Bei den Top-3 Positionen fällt auf, dass eines der Unternehmen sogar knapp 100 Kilometer weit von Gelsenkirchen entfernt liegt.

Gelsenkirchen: Eher Zeche als SEO-Agentur?

Analyse der Doorway-Pages aus dem Mini-Experiment

Bereits im Jahr 2015 hat Google angekündigt mithilfe von Algorithmen Doorway Pages zu erkennen und diese mit einem Penalty abzustrafen. Google´s Brian White äußerte sich damals wie folgt [8]:

“Over time, we’ve seen sites try to maximize their “search footprint” without adding clear, unique value. These doorway campaigns manifest themselves as pages on a site, as a number of domains, or a combination thereof. To improve the quality of search results for our users, we’ll soon launch a ranking adjustment to better address these types of pages. Sites with large and well-established doorway campaigns might see a broad impact from this change”.

Brian White, Ex-Google


Dennoch scheinen einige SEO-Agenturen immer noch auf Brückenseiten zu setzen. Gerade bei Suchworten mit geringer Konkurrenz, wie zum Beispiel „SEO-Agentur Gelsenkirchen“, scheint dies auch weiterhin ganz gut zu funktionieren. Entgegen meiner Erwartung wird diese Technik nicht nur von kleinen, unbekannten Agenturen genutzt, sondern auch von bekannten Playern, die in ganz Deutschland aktiv sind.

Die Analyse der gefunden Brückenseiten zeigt, dass sich hierbei keineswegs um Seiten handelt, die dem Nutzer einen Mehrwert bieten. Oberstes Ziel scheint es zu sein, für die entsprechende Keyword-Stadt-Kombination gefunden zu werden. Besonders beliebt bei vielen Agenturen ist der Abschnitt „Suchbegriffe mit Stadtname“. In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um eine plumpe Auflistung „relevanter“ Suchbegriffe inklusive dem Suchvolumen. Dabei wird dem „interessierten“ Nutzer alles angeboten: Von „Bibliothek + Stadt“ über „Wohnung + Stadt“ bis zu „Zahnarzt + Stadt“.

Ebenfalls beliebt ist der Einbau von Platzhaltern. So können Sehenswürdigkeiten, Fußballvereine oder Einwohnerzahl je nach Stadt beliebig ausgetauscht werden. Das dabei doppelte Inhalte entstehen, scheint nicht weiter zu kümmern. Schließlich wirkt sich dieser in gewissen Maßen nicht schädlich aufs Ranking aus [9]. 

Provokante Thesen zu lokalen Brückenseiten

Selbstverständlich handelt es sich bei diesem Experiment nur um eine kleine Stichprobe, auf Basis derer natürlich keine allgemeingültigen Aussagen zu lokalen Doorway-Pages getroffen werden können. Logischerweise ist die Effektivität dieser Brückenseiten auch stark von der der Branche, der Konkurrenzsituation und dem entsprechenden Keyword abhängig.

Basierend auf dem Mini-Experiment, meinen Beobachtungen aus dem Arbeitsalltag als SEO und der vorhandenen Literatur, probiere ich verschiedene Thesen aufzustellen. Diese sind bewusst provokant und vielleicht auch etwas naiv formuliert, sollen aber die Diskussion anregen. Um mehr über lokale Doorway-Pages zu erfahren, möchte ich die Thesen anschließend mit erfahrenen SEO-Experten diskutieren.

H1: Lokale Doorway-Pages bei Suchanfragen mit geringer Konkurrenz weiterhin effektiv?

Unter einem Artikel von SearchEngineLand aus dem Jahre 2008 hatte ein Nutzer gemutmaßt, dass Suchmaschinen sich weiterentwickelt hätten und lokale Brückenseiten vielleicht im Jahre 2005 effektiv waren, aber heutzutage nicht mehr funktionieren (siehe oben). Das Mini-Experiment hat gezeigt, dass lokale Doorway-Pages zumindest für gewisse Keywords durchaus noch Erfolg haben können und nicht nur von kleineren Agenturen eingesetzt werden, sondern auch von großen Playern. Folglich könnte man folgende Behauptung aufstellen:

H1: „Auch im Jahre 2020 können lokale Brückenseiten für gewisse Suchanfragen mit geringer Konkurrenz weiterhin effektiv sein, auch wenn sie keinen erkennbaren Mehrwert für die Nutzer schaffen, z.B. bei „Keyword-Stadt-Kombinationen“ an denen das Unternehmen gar nicht ansässig ist.“


H2: Lokale Doorway-Pages in kleinen Maßen okay?


Die im Mini-Experiment analysierten Agenturen haben insgesamt nur wenige Doorway-Pages erstellt. In den meisten Fällen handelte es sich um eine kleine zweistellige Zahl.

Etwas extremer war ein Twitter-Nutzer unterwegs, der 2019 insgesamt 1.300 lokale Landingpages erstellen wollte und sich mit diesem Anliegen an John Mueller gewandt hat. John riet ihm von diesem Vorhaben ab und verwies darauf, dass es sich bei den Seiten um Doorway-Pages handele.

Auch Brian White hat in seinem Statement im Jahre 2015 (siehe oben) betont, dass durch den Einsatz der Algorithmen zur Erkennung und Abstrafung von Brückenseiten, Webseiten mit umfangreichen Doorway-Kampagnen stark beeinflusst werden. Basierend auf diesen Beobachtungen und Erkenntnissen, kann folgende Behauptung aufgestellt werden:


H2: „Lokale Doorway-Pages ohne Mehrwert verstoßen zwar gegen die Google-Richtlinien, solange sie aber in kleinen Maßen eingesetzt werden, muss keine algorithmische Abstrafung von Google befürchtet werden.“


Interview mit Mario Jung zum Thema lokale Landingpages

Experte Mario Jung verfügt über knapp 10 Jahre Berufserfahrung im Bereich SEO bzw. Linkbuilding. Er ist Geschäftsführer der Agentur ReachX GmbH und betreut Kunden aus den unterschiedlichsten Branchen. Zudem ist er der Gründer des OMT. Der OMT ist mittlerweile eine der führenden Online Marketing Konferenzen in Deutschland und ansässig im Rhein-Main-Gebiet.



SEO-Otter: Was ist für dich eine Doorway Page?

Mario Jung: Da sind wir genau beim Thema. Ich bin mir nicht zu 100% sicher, wie Google das meint. Für mich ist eine Doorway Page eigentlich eine Eintrittsseite, die dann auf eine Hauptseite weiterleitet. Da gibt es jetzt so ein bisschen den Streitpunkt in Anführungszeichen. Die Fälle wie du sie beschrieben hast, empfinde ich nicht zwingend als Doorway Page, sofern der Inhalt passt.

Nehmen wir zum Beispiel folgendes Szenario: Ich habe ein Fensterbau-Unternehmen in Hofheim und möchte für das Suchwort „Fensterbau Frankfurt“ gefunden werden. Das empfinde ich nicht als regelwidrige Doorway Page, wenn ich inhaltlich darauf eingehe, welche Dinge ich beim Fensterbau in Frankfurt zu beachten habe. So gibt es in Frankfurt zum Beispiel Regionen, die eine höhere Einbruchsrate haben, im Vergleich zu anderen Teilen des Bundeslandes oder sogar im Vergleich zu anderen Teilen von Frankfurt. Auch kann es sein, dass in Frankfurt generell ein anderes Wetter herrscht als 30 Kilometer weiter auf dem Feldberg. Dadurch dass es hier deutlich kühler ist, brauche ich vielleicht eine andere Fensterbeschaffenheit. Wenn ich auf sowas eingehe mit echten Daten und tatsächlichen – und jetzt kommt das wichtigste Wort – Mehrwert schaffe, dann empfinde ich das nicht als regelwidrige Doorway Page. Selbst wenn ich das für mehrere Städte mache. Dann biete ich halt regional guten Content. Und das zeigt sich auch in den Nutzerdaten.

SEO-Otter: Mehrwert ist ein gutes Stichwort. Ich hatte mir, im Rahmen der Recherche, verschiedene dieser lokalen Seite mit dem Fokus auf SEO-Agenturen angeschaut. Dabei konnte man den Eindruck gewinnen, dass der Mehrwert nicht immer unbedingt gegeben war. Das heißt, für dich wäre das Hauptkriterium zur Beurteilung, ob es sich um eine Doorway Page handelt oder nicht, dann tatsächlich der Mehrwert für den Nutzer?

Mario Jung: Ja! Also ich kann dir ein Beispiel nennen, wo wir diese lokalen Fängerseiten auch beim OMT nutzen. Und da auch sogar so wie es eigentlich keinen richtigen Mehrwert bringt. Auf der Subdomain www.agenturfinder.omt.de haben wir Seiten aufgebaut mit Keyword-Stadt-Kombinationen. Also zum Beispiel „SEO Agentur Hamburg“. Da tauschen wir tatsächlich auch nur die Namen aus und zeigen die Agenturen aus der jeweiligen Stadt an, die im Agenturfinder gelistet sind. Jetzt aber zu sagen, der Mehrwert ist vorhanden, weil ich dort natürlich die richtigen Agenturen finde. Ich weiß nicht. Das könnte man sich so herandichten, aber für mich ist das noch ein Ticken zu schwach. Das ist aber auch der Grund, warum ich den Agenturfinder auf eine Subdomain gepackt habe. Diese ist physisch von meiner Hauptdomain abgegrenzt. Auf der einen Seite weiß ich, dass es noch funktioniert. Aber auf der anderen Seite ist es mir dann doch zu risikoreich. Obwohl ich noch nicht erlebt habe, dass eine Website dafür abgestraft wurde.

SEO-Otter: Wenn man nach SEO-Agentur Gelsenkirchen sucht, gibt es unter den Top-10 Ergebnissen tatsächlich nur ein Ergebnis, das dann auch eine Agentur in Gelsenkirchen ist. Die anderen Agenturen befinden sich im Umkreis. Macht das, deiner Meinung nach, Sinn als Unternehmen solche Seiten zu erstellen, wo ich eigentlich gar nicht ansässig bin? Und wo würdest du da die Grenze ziehen?           

 Mario Jung: Also ich kann dir aus der Vergangenheit sagen, dass es gut funktioniert hat. Ich habe mit meiner alten Website jahrelang für das Suchwort „SEO Wiesbaden“ auf Platz 1 gerankt. Wir sind quasi die Stadt neben Wiesbaden, wodurch wir hier schon noch eine Legitimation haben, wie ich finde. Ähnlich haben wir uns auch für andere Städte gut positioniert. Aber das hat immer mehr nachgelassen. Die Rankings sind total abgefallen. Und deswegen sehe ich da nicht mehr unbedingt den Mehrwert drin. Ich glaube im Longtail wirst du vielleicht immer noch Traffic abgreifen. Es macht aber vor allem Sinn, wenn du auch in der Stadt selbst ansässig bist. Dann solltest du allerdings auch probieren mit deiner Hauptdomain zu ranken. Zum Beispiel mit deiner Startseite.

„Wenn ich echten Mehrwert schaffe, dann empfinde ich das nicht als regelwidrige Doorway Page. Selbst wenn ich das für mehrere Städte mache. Dann biete ich halt regional guten Content.“

Mario Jung

Interessant finde ich zum Beispiel die Website www.seo-vergleich.de. Wenn jemand „SEO-Agentur“ eingibt, dann weiß er ja noch gar nicht, welche Agentur er nimmt. Bei einem Vergleich ist die Nutzerintention dann sehr gut getroffen. Deswegen glaube ich, dass eine Webseite, auf der verschiedene Agenturen verglichen werden, weiterhin sehr gute Chancen hat, für diese lokalen Suchworte gefunden zu werden. Aber Agenturen, die in Frankfurt ansässig sind, werden jetzt nicht in Hamburg oder Berlin ranken. Das führt zu Frustration. Die Nutzer schauen ins Impressum und springen ab. In diesem Bereich ist Google, glaube ich, mittlerweile stark genug, dass man die oberen Positionen so nicht dauerhaft halten kann.

SEO-Otter: Das passt sehr gut zur nächsten Frage. Ich habe ein ähnliches Muster erkannt wie du. Für gewisse Städte schien es möglich zu ranken, auch wenn der Unternehmensstandort vielleicht nur in der Nähe ist. Für andere Suchworte, die mehr Konkurrenz aufweisen, hingegen nicht. Ich würde dich im Folgenden gerne bitten, deinen Standpunkt zu folgender These/Behauptung zu geben: „Auch im Jahre 2021 können lokale Brückenseiten für gewisse Suchanfragen mit geringer Konkurrenz weiterhin effektiv sein, auch wenn sie keinen erkennbaren Mehrwert für den Nutzer schaffen z.B. bei Keyword-Stadt-Kombinationen, an denen das Unternehmen gar nicht ansässig ist“.

Mario Jung: Mein Statement dazu: Ja das stimmt! Das hat mit dem Wettbewerb zu tun. Ich finde es nicht gut. Für mich ist das Spam. Aber da, wo kein Wettbewerb ist, gewinnt dann halt auch das. Ein blindes Huhn findet auch mal ein Korn.

In anderen Bereichen habe ich tatsächlich auch noch zwei Spam-Seiten von früher. Die haben genau solche Rankings. Das haben wir früher zum Beispiel mit Spinning-Texten gemacht. Also so richtig Black-Hat. Wir erzielen damit auch immer noch Traffic, aber das wird von Quartal zu Quartal immer weniger. Das hat mit dem steigenden Angebot im Netz zu tun. Also zur These: Ja, ich glaube das stimmt. Langfristig aber nur, wenn ich Mehrwert schaffe.

SEO-Otter: Zweite These: „Lokale Doorway Pages ohne Mehrwert verstoßen zwar gegen die Google Richtlinien, solange sie aber in kleinen Maßen eingesetzt werden, muss keine algorithmische Abstrafung durch Google befürchtet werden.“    

Mario Jung: Nochmal ich bin mir nicht zu 100% sicher, was für Google wirklich eine Doorway Page ist. Für mich ist das in erster Linie eine Seite, die nicht sichtbar ist und dann automatisch auf eine andere Seite weiterleitet. Stichwort Cloaking. Das ist für mich verboten. Ich glaube auch, dass das wirklich zu einer Abstrafung führen kann. Habe es aber noch nicht gesehen.

Zu den lokalen Fängerseiten: Ich glaube John Müller hat es letztens sogar irgendwo gesagt. Duplicate Content ist grundsätzlich kein Abstrafungsgrund, aber man rankt damit halt nicht. Bei den lokalen Seiten haben wir natürlich immer noch einen Städtebezug. Das heißt, der Duplicate Content ist zwar auf dem Hauptkeyword vorhanden, aber nicht beim Städtebezug. Ich glaube nicht, dass Google das aktiv abstraft. Ich denke, Google agiert hier über das Thema Nutzerdaten. Sprich, wenn kein Mehrwert gegeben ist und die Nutzerdaten schlecht sind, dann gibt es auch kein Ranking. Es sei denn, es gibt keinen Wettbewerb. Aber das ist eine Annahme. Ich kann nicht zu 100% sagen, ob es so ist. Ich habe es nämlich auch noch nicht gesehen.

SEO-Otter: Was mich interessieren würde: Es gibt da dieses Beispiel von BMW, die die Doorway Pages im klassischen Sinne bedient haben, wie du es beschrieben hast. Das heißt, die Seite leitet automatisch weiter. Stichwort Cloaking. Allerdings schon im Jahre 2006. Das ist jetzt 15 Jahre her. Sind dir noch andere Unternehmen bekannt, die ähnlich vorgegangen sind und auch abgestraft wurden? BMW ist in diesem Beispiel tatsächlich 6 Tage aus dem Index geflogen.

Mario Jung: Ja, ich kenne das Beispiel, aber ich kenne auch tatsächlich kein anderes! Auf meinen Kundenprojekten und meinen eigenen Projekten verhalte ich mich immer komplett sauber. Ich habe aber ja auch zwei bis drei private Spam-Projekte. Da habe ich das ein bisschen ausprobiert. Da bin ich nie abgestraft worden. Ich hatte aber Probleme überall auf Spitzenpositionen zu kommen.

Anderes Beispiel ist der Agenturfinder mit seinen lokalen „Fängerseiten“. Den haben wir ungefähr am 02.01.2020 aufgebaut und zwei oder drei Tage später haben wir beim Google Update knapp 60% an Sichtbarkeit eingebüßt. Das war eigentlich nicht erklärbar. Wir haben dann versucht, über unsere Webinare zusammen mit Marcus Tandler von Ryte, öffentlich zu analysiere. Ich habe auch zehn andere SEOs gefragt. Aber die haben alle im Dunkeln getappt.

Eine von zehn Maßnahmen, die wir umgesetzt haben, war den Agenturfinder auf die Subdomain zu packen. Das war allerdings schon Ende Juni 2020 glaube ich. Und dann sind wir Anfang Dezember 2020 beim nächsten großen Update, um mehr als diese 60% wieder nach oben geschossen. In der Nachbetrachtung: Wir hatten zu der Zeit massive Serverprobleme. Wir hatten andauernd Absprünge, weil die Seite zu langsam war. Das kann halt auch auf die Rankings abstrahlen. Und genauso hatten wir noch vier, fünf andere Punkte definiert. Die lokalen Fängerseiten können da vielleicht einen kleinen Anteil von ausgemacht haben. Das ist aber eine vage Vermutung.

De facto haben wir unsere Server jetzt auf ein ganz anderes Niveau gebracht. Und unsere Sichtbarkeitskurve hat sich wieder erholt. Ich bin froh, dass ich wieder aus dem Filter draußen bin. So als hätte man ein Stück aus der Sichtbarkeitskurve herausgeschnitten. Meiner Meinung nach müssen wir in einem Filter gewesen sein, weil sowas passiert nicht algorithmisch. Aber den genauen Grund kann ich leider nicht isolieren. Es ist gut möglich, dass die These stimmt, dass Google, das abstraft. Aber ich kann nicht die Hand dafür ins Feuer legen.



Quellen

[1] https://www.socialmediatoday.com/news/12-local-seo-stats-every-business-owner-and-marketer-should-know-in-2019-i/549079/

[2] https://www.mso-digital.de/wiki/doorway-pages/

[3] https://de.ryte.com/wiki/Doorway_Pages

[4] https://www.evergreenmedia.at/glossar/doorway-pages/

[5] https://www.netprofit.de/blog/bmw-suchmaschinen-problem.html

[6] https://developers.google.com/search/docs/advanced/guidelines/doorway-pages?hl=de

[7] https://www.seroundtable.com/archives/017725.html

[8] https://searchengineland.com/google-to-launch-new-doorway-page-penalty-algorithm-216974

[9] https://neilpatel.com/blog/myths-about-duplicate-content/

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